Eigentlich war dieser Blog gar nicht dazu gedacht das allgemine Zeitgeschehen zu kommentieren, aber was gerade geschieht, darf einfach nicht unprotokolliert (!) bleiben.

Fiel die Bundesregierung Merkel/Westerwelle schon von Anfang durch unverblümte klientelpolitische Entscheidungen auf, so hat diese Zuneigung nun unglaubliche Ausmaße angenommen:

Wie jetzt bekannt wurde hat Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle während einer BDI-Sitzung, am 14.03.2011, vor Industrievertretern zugegeben, dass das von Bundeskanzlerin Angela Merkel am selben Tag bekanntgegebene 3-monatige Moratorium des Ausstiegs aus dem Ausstieg aus der Atomkraft nichts als wahlkampftaktisches Gelaber ist.

Festgehalten wurde das im Sitzungsprotokoll:



Natürlich dementiert Brüderle, dieses jemals so gesagt zu haben. Woran mag es liegen, dass sich so ein verräterischer Eintrag in das Sitzungsprotokoll eingeschlichen hat? War hier ein Protokollantenazubi am Werk, oder gar nur die Putzfrau? Werden Protokolle beim BDI grundsätzlich subprofessionell erstellt? Ist im Himmel mal wieder Jahrmarkt?

Es sieht wohl eher so aus, dass es genauso ist, wie viele befürchtet haben (ich auch), die Bundesregierung versucht das Problem auszusitzen, oder wenigstens die Entscheidungen bis auf einen Tag nach den anstehenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zu verschieben.
Bis zur nächsten Bundestagswahl durchfließt ja noch viel Atomstrom die Leitungen, so dass man damit rechnen kann, dass die Bürger bis dahin die Nuklearkatastrophe von Fukushima verdrängt haben werden. Sind doch sowieso nur ein paar kleine Japaner verstrahlt worden...

Ich habe in meinem Leben nun schon etliche Bundesregierungen bewußt miterlebt. Keine von denen konnte die jetzige an Dreistigkeit überbieten!
Allein die Unverfrohrenheit, mit der behauptet wird, dass die Ereignisse in Fukushima neue Gesichtspunkte liefern, augrund derer man plötzlich alle Atomkraftwerke nochmals überprüfen müsse. Es ist ja nicht so, dass die Debatte über das Für und Wider der Atomkraft nun schon mehrere Generationen geführt wird. Auch, dass das sogenannte Restrisiko nun doch den Gesetzen der Wahrscheinlichkeitsrechnung unterliegt, kam völlig überraschend. Zumindestens für Merkel, Westerwelle, Kauder, Brüderle, Röttgen (wobei man dessen Unkenntnis noch am ehesten nachsehen kann, da er als Bundesumweltminister zu den entscheidenen Sitzungen nie eingeladen wird) und ihrem Atomlautsprecher Stefan Mappus.

Spaß beiseite. Fakt ist, dass die Bundesregierung alle Bedenken gegen die Atomkraft einfach beiseite gewischt hat und sich einen feuchten Kehricht darum gekümmert hat, was die Bürger eigentlich davon halten. Dabei gibt es genug Möglichkeiten sich darüber zu informieren. Wenn Frau Merkel z.B. Leserin dieses Katzenblogs wäre, wäre ihr das vielleicht nicht passiert:-)

Ich möchte meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass die Bürger der Bundesrepublik Deutschland weitaus mündiger sind, als sich die Bundesregierung erhofft und ihr die versuchte Berlusconisierung nicht durchgehen läßt. Mal ehrlich, wer läßt sich schon gern so offensichtlich auf den Arm nehmen? Ich jedenfall nicht.



In meinen Augen leistet sich diese Bundesregierung eine Unannehmlichkeit nach der anderen, sei es das versuchte Festhalten am Plagiator zu Guttenberg, die verkorksten Reformen des Gesundheits- und Steuersystems, das verantwortungslose Verhalten im UN-Sicherheitsrat (was hat Deutschland da drin überhaupt verloren?) usw., aber das Gesetz zur Laufzeitverlängerung hat eine ganz eigene Qualität.
Deshalb mische ich mich auch in diese Diskussion ein, weil jede Entscheidung in der Kernkraftfrage weitreichende Konsequenzen haben kann, vor allem weil diese Technik niemals 100%ig zu berherrschen sein wird. Siehe Fukushima. Muss man sich wirklich erst die Finger verbrennen, um festzustellen, dass die Herdplatte tatsächlich heiß ist?


LG aus Shenzhen
Jens