| Flying Blind In Shenzhen |
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Montag, 1. Juni 2009
Uwe Durst: Die dunkle Herrlichkeit
jensrb, 10:29h
![]() ...während sie dem Gehilfen die drei Pforten ihres Leibes öffnete. (4/5 Punkte) Die hier erzählte Geschichte besteht aus den drei Erzählungen von Georg Heppler, Georg Schroth sowie Karin Poignard. Die Leben der drei Protagonisten sind mannigfaltig miteinander verwoben. Auf unterster Ebene leben Herr Heppler und Frau Poignard im selben Haus, in dem Herr Schroth als Hausverwalter tätig ist. Auf der obersten Ebene haben alle drei eine ähnliche Vergangenheit. Sie enden alle in kleinbürgerlichen Verhältnissen, in denen keiner von ihnen wirklich glücklich ist, jedoch hat auch keiner von ihnen die Kraft wirklich auszubrechen. Dieser letzte Punkt betrifft auch beschriebene Nebenfiguren, wie Frau Poignards spießigen Ehemann Karl oder die Familie des Lebensmittelhändlers Knef von der anderen Straßenseite. Letztendlich sind es nur die beiden Frauen Poignard und Knef, die sich durch kleine Fluchten Inseln momentanen Glücks schaffen, indem sie sich ihren Liebhabern hingeben. Frau Poignard läßt sich gern von Herrn Schroth hart rannehmen, wenn der mal wieder eine seiner "Wohnungsbegehungen" machen muss, während Frau Knef sich fast jeden Vormittag mit dem jungen Gehilfen ihres Gatten vergnügt. Wie schon in den Biographien der drei Protagonisten beschrieben ist dieser Zustand einer vorgegaukelten heilen Welt extrem instabil und endet -zumindestens für Frau Knef- auf grausame Weise. Vom puren Inhalt her würde die Geschichte vermutlich nicht mal die hier vorliegende Novelle füllen, aber da Uwe Durst selbst ein promovierter Literaturwissenschaftler ist, spielt er viel mit Stil und Form. Dies macht den eigentlichen Reiz aus. Die drei Protagonisten erzählen ihren Anteil in jeweils einem eigenen Kapitel. Diese weisen enorme Unterschiede in ihrer Länge auf: Georg Heppler (Kapitel 1 - 6 Seiten), Georg Schroth (Kapitel 2 - 40 Seiten) und Karin Poignard (Kapiel 3 - 70 Seiten). Im ersten Kapitel, das eine Art Einleitung darstellt, werden alle relevanten Fakten und Metaphern - von denen sich einige als durchaus reale Dinge herausstellen, z.B. die Motten/Grauen Engel an der Wand - schon genannt. Das zweite Kapitel stellt die Brücke dar zwischen Wahnvorstellungen einerseits und der puren Realität anderseits. Im dritten Kapitel werden die Verhältnisse dann klarer, jedoch muss man berücksichtigen, dass aufgrund der Erzählperspektive alles subjektiv behaftet bleibt und damit nicht 100% vertrauenswürdig ist. Ein immer wiederkehrendes Thema dieser Novelle ist auch Gott. Irgendwie fürchtet man die Bestrafung durch ihn, wenn man sich "versündigt", andererseits kann man machen was man will, denn man ist der omnipotenten, aber auch willkürlich handelnden, Entität sowieso hilflos ausgeliefert bzw. ist der Allmächtige auch selbst für die Sünden direkt verantwortlich zu machen. Dies stellt jedenfalls Herr Poignard fest, während Frau Poignard sich beim lieben Gott persönlich beschwert, dass sie lieber ein guter Mensch geworden wäre, anstatt eine triebhafte Sünderin. Die ganze Zeit über macht der Autor keinen Hehl daraus, in welchem Ereignis das Szenario gipfeln wird. Daraus kann also keine Spannung bezogen werden. Doch hier ist der Weg das Ziel. Die Darstellung des Umfeldes und die Lebensumstände der handelnden Personen ist gut gelungen und läßt einen immer weiter lesen. Eine kleine Überraschung ist am Ende dann doch noch eingebaut, wenn Durst zwei ähnliche, aber eigentlich voneinander unabhängige Vorgänge, synchron laufen läßt. Sicher muss ein Literaturwissenschaftler nicht automatisch auch ein guter Schriftsteller sein, aber Uwe Durst ist hier sicher einen Schritt in die richtige Richtung gegangen. Man darf gespannt sein, ob da noch mehr nachkommt, als nur wissenschaftliche Veröffentlichungen. Freunden des Dramas sowie von ruhigen Schauerromanen gleichermaßen zu empfehlen. |
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