| Flying Blind In Shenzhen |
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Freitag, 3. Oktober 2008
Frédéric Neuwald: GÖTTERSCHWERT
jensrb, 05:23h
![]() Ein Anfall zügelloser Romantik... (3/5 Punkte) ...kommt in diesem Werk zwar auch vor, jedoch beruht er auf einem koitalen Mißverständnis und wärt nur kurz. Als der angesehene Professor Bertrand Lechausseur einen unfreiwilligen Kopfsprung vom Balkon seiner Villa macht, werden der Archäologe, mit Spezialgebiet Hellenismus, Morgan Lafet und sein Praktikant Hans vom Louvre beauftragt seinen Nachlass zu sichten und zu katalogisieren. Zu ihrer Überraschung finden sie ein Schwert, welches es gar nicht geben dürfte, denn es ist laut Tests über 3000 Jahre alt, besteht aber aus einer Titanlegierung. Offiziell entdeckt wurde das Metall Titan aber erst 1791. Mit anfänglicher Unterstützung des reichen Antiquitätensammlers John Jürgen fangen die beiden an nach dem Ursprung des Schwertes zu suchen. Bald wird klar, dass das Schwert nur ein Teil einer ganzen Rüstung ist, die einmal von Alexander dem Großen besessen worden sein muß, doch auch der hatte diese nur einer anderen schillernden Figur posthum entwendet...(Im Original hat der Roman auch den Titel "L'Ombre d'Alexandre", also "Der Schatten des Alexander"). Es geht von Paris über Rom, Alexandria, Canakkale und Larnaca nach Sparta. Dabei erleben sie etliche Abenteuer und machen den einen oder anderen Fund. Als unsere Protagonisten aus einer brenzligen Situation von einem gewissen Hyacinthe gerettet werden, wird dessen Boss, der sich selbst Helios nennt, ihr neuer Finacier. Helios behauptet, dass die Rüstung des Alexander sein Eigentum ist und er wird Morgan und Hans fürstlich belohnen, wenn er diese zurückbekommt. Obwohl das Unternehmen nun ökonomisch abgesichert ist, werden die geheimnisvollen Gegner gefährlicher und lästiger und der arme Professor Lechausseur bleibt nicht das letzte Todesopfer in diesem Spiel. Morgan Lafet erzählt diese Geschichte in der ersten Person Singular und in der Vergangenheitsform. Dies ist ziehmlich gut gemacht, da der Leser so immer nur das weiß und erfährt, was Morgan weiß. Dies gibt der Story wenigstens ein kleines Spannungsmoment, da sie ansonsten relativ leicht vorhersehbar ist. Das Cover läßt eher auf einen Fantasyroman schließen und der Aufdruck "Mysterythriller" soll wohl Dan Brown Fans ansprechen. In der Tat steht dieser Roman mehr in der Tradition von INDIANA JONES oder TOMBRAIDER mit LARA CROFT, obwohl Morgan Lafet weder die Kragenweite des einen noch die Oberweite der anderen hat. Das klingt jetzt zwar abwertend, aber trotzdem hat es Spaß gemacht den Roman zu lesen. Zum einen ist da der Schreibstil von Frederic Neuwald bzw. von Nora Schreiber, die den Roman aus dem Französischen ins Deutsche übersetzt hat, der mir gefallen hat. Die Satzkonstruktionen sind etwas komplexer, als bei vergleichbaren Romanen von Schriftstellern aus dem englischen Sprachraum. Neuwald hat offensichtlich auch einigen Sprachwitz in den Originaltext gesteckt und Frau Schreiber hat an Stellen, wo eine sinngemäße Übersetzung nicht möglich war einfach Fußnoten zur Erklärung gesetzt. Das mag zwar keine elegante Lösung sein, aber dadurch kommt auch der deutschsprachige Leser in den Genuss der Pointe. Ein ähnlicher Trick wurde von Neuwald selbst auch bei der Erklärung von archäologischen Fakten benutzt: Wenn sich fachkundige Protagonisten über archäologische Themen unterhalten, werden auch einige Bemerkungen mit Fußnoten erklärt. Dadurch werden dem Leser Dinge erläutert, die zwei Archäologen sich nicht gegenseitig herunterbeten müßten, wenn sie sich unterhalten. Dadurch bleibt der Dialog realistischer. Wie glaubhaft wäre denn z.B. ein Gespräch zwischen zwei Chirurgen, wobei einer sagt: "Heute mußte ich wieder einen Appendix entfernen, dass ist das kleine nutzlose Säckchen dort am Ende des Dickdarms..."? Ferner ist der Text in weiten Teilen recht ironisch gehalten. Man stelle sich Morgan Lafet so vor: Ein großer, muskulöser Kerl mit langem blonden Haar zum Pferdeschwanz zusammengebunden. Er ist praktisch der Traum aller Frauen sowie von Hyacinthe. Allerdings ist er auch chronisch pleite, genervt von seinem Job und seinem Chef, hat eine extrem neugierige Nachbarin und der Durchlauferhitzer ist im Eimer, obwohl er lieber warm duscht. Er muß im Rahmen der Handlung schlafen, essen und das eine mal als er Sex hat, bekommt es es hinterher mit einer frustrierten Frau zu tun, die eigentlich auf eine feste Beziehung gehofft hat. Morgan Lafet sieht zwar aus wie ein Superheld aber er ist keiner. Tatsächlich hat er alltägliche Probleme mit denen sich die meisten Männer so herumschlagen müssen und weil er eine Romanfigur ist, halt noch einige mehr. Als er z.B. angeschossen wird, steht er nicht einfach wieder auf und kämpft tapfer weiter -nein- er kann halt nicht mehr weitermachen und muß gerettet werden. Das macht ihn im Prinzip, und auch alle anderen Figuren sind so angelegt, ziehmlich realistisch und sympathisch. Interessant ist auch, wie ein ägytischer Mullah reagiert, dessen Hilfe man unbedingt benötigt, dem man aber gerade offenbart hat, dass man eigentlich Atheist sei. Oder wie Morgan sich erinnert als sein, durch Unfall ums Leben gekommender, Stiefbruder Etti einmal alle angeblichen Reliquien der katholischen Kirche weltweit addiert hat und somit statistisch belegen konnte, dass der Apostel Johannes mindestens 8 Füsse und 6 Schädel und der Apostel Paulus mindestens 29 Finger besessen haben muß, während Jesus Christus einen besonderen Rekord von stolzen 14 Penissen halten konnte. Solche kleinen schelmischen Einfälle hat Neuwald über den ganzen Roman verteilt. Was mich allerdings ein wenig stört ist, dass der Verlag nicht explizit darauf hinweist, dass dieser Roman nur ein Teil einer mehrbändigen Reihe ist. Zwar handelt es sich um den ersten Teil, aber es werden halt nicht alle Fragen wirklich geklärt. Im Grunde ist nichts gegen eine Romanserie einzuwenden, aber der Kunde sollte weinigstens darauf aufmerksam gemacht werden, finde ich. Wer also wissen will wie es weitergeht mit Morgen Lafet muß zum Folgeband GÖTTERGRAB greifen. Au revoir! ![]() |
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Letzte Aktualisierung: 2016.09.09, 09:20
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