Viel mehr drin, als draufsteht!!!
(5/5 Punkten)

Mit seiner Stimme allein würde John Watts sicher keine DSDS Staffel gewinnen.
Aber abgesehen davon, dass dies eine eher zweifelhafte Ehre wäre, hat er das auch gar nicht nötig, denn er gehört zweifelsohne zu dem erlauchten Kreis derer Komponisten, die ihre Stücke am besten selbst interpretieren, wie z.B. Bob Dylan, Ian Anderson, Peter Hammill oder gar Bruce Springsteen, um nur einige Namen fallen zu lassen.

Watts ist auch kein Virtuose auf seinem Instrument, der Gitarre, aber er versteht es bestens hymnenartige Ohrwürmer zu schreiben, die sich nach mehrmaligen anhören, einfach nicht mehr vertreiben lassen wollen und zum mitsingen auffordern. {Hier in China ist lautes Vorsichhersingen nichts ungewöhnliches, aber ich muss in diesen Fall darauf achten, meine Kollegen akustisch nicht zu sehr zu strapazieren:-)}

Nun gut, kommen wir mal zur Sache:
Die CD nennt sich FISCHER-Z: HIGHLIGHTS 1979 TO 2004 und das ist eine bodenlose Untertreibung, denn was sich hier auf zwei CDs an Material tummelt ist weitaus mehr als nur das Beste einer Band namens FISCHER-Z. In Wahrheit ist es eine Retrospektive auf das komplette Schaffen von John Watts, der 1978 zusammen mit David Graham, Steve Skolnik und Steve Liddle die Band FISCHER-Z gründete.
Schon mit den ersten beiden Alben stellte sich der kommerzielle Erfolg ein, denn die Lieder PRETTY PARACETAMOL (WORD SALAD,1979) und CRAZY GIRL, ROOM SERVICE sowie SO LONG (GOING DEAF FOR A LIVING, 1980)wurden oft im Radio gespielt und landeten auch in den Charts recht weit oben. Schon hier zeichnete sich Watts Talent deutlich ab, Texte mit Tiefe in ein mal witziges mal ironisches Gewandt zu packen.
Mit dem folgenden Album RED SKIES OVER PARADISE (1981) war schließlich der kreative und auch kommerzielle Zenit für FISCHER-Z erreicht. Die drei Megahits dieses Albums sind natürlich auf dieser CD: BERLIN, MARLIESE und RED SKIES OVER PARADISE, obwohl man genausogut BATTALIONS OF STRANGERS oder CRUISE MISSLES oder BATHROOM SCENARIO hätte auswählen können. {Platzmangel, Platzmangel...ich höre immer nur Platzmangel :-)}.

Danach löste sich FISCHER-Z zwar auf, John Watts konnte aber musikalisch gesehen mit seinem Solodebüt ONE MORE TWIST durchaus mithalten. Auf dieser CD ist von diesem Album nur die Single ONE VOICE enthalten, obwohl ihr I KNOW IT KNOW auch nicht schlecht zu Gesicht gestanden hätte.

Danach wurde es bis heute kommerziell ruhig um John Watts, obwohl er weiterhin sehr aktiv ist.
1983 schrieb er ein Bühnenstück mit dem Titel THE ICEBERG MODEL und den dazugehörigen Soundtrack gleich dazu. Aus diesem wird uns hier ein Liebeslied spendiert, mit dem Titel: I SMELT ROSES (IN THE UNDERGROUND). Hier kommt auch die Bläsersektion der DEXY'S MIDNIGHT RUNNERS zum Einsatz, falls die noch jemandem was sagen.

Danach formierte Watts das kurzzeitige Bandprojekt THE CRY, von dem aus seinem einzigen Album QUICK QUICK SLOW (1984) der Song NEED YOU hier beigesteuert wurde. Auch ein sehr schönes und flottes Liebeslied.

Die 80er werden dann mit fünf Stücken aus zwei Alben abgeschlossen, die wieder unter FISCHER-Z veröffentlicht wurden, obwohl sie mit der ursprünglichen Band nicht mehr viel zu tun hatte: REVEAL (1987) und FISH'S HEAD (1989). Aus ersterem stammt dann auch noch mal der Radiohit PERFECT DAY.

So und wer jetzt glaubt, dass er das beste bzgl. John Watts schon hinter sich hat (so wie ich), wird sich wundern.
Man legt die zweite CD ein, um diese auch mal anzuhören und ist P.L.A.T.T.!
Was John Watts von 1992 (DESTINATION PARADISE) bis 2003 (JUKEBOX) komponiert hat schlägt alles was davor war nochmals um Längen. Noch mehr Hymnen für die Ohren, für die Beine, für die Kehle und vor allem für das Herz. Mit poetischen Texten erzählt er Geschichten von Menschen wie du und ich. Ich hatte erst vor jeden Song hier zu beleuchten, aber das würde den Rahmen dieser Rezension sprengen und deren Veröffentlichung verhindern. Da beherrsche ich mich mal lieber:-). Meine Lieblingslieder hier -ohne die anderen abwerten zu wollen- sind DESTINATION PARADISE, WILL YOU BE THERE?, ANGEL OF GARDENIA und COOL ENOUGH mit seinem Killerbreak.

Nun mag sich der aufmerksame Leser Fragen, wieso im Titel dieser Kompilation die Jahreszahl 2004 steht?!? Nun, die Antwort ist einfach: John Watts hat es sich nicht nehmen lassen extra für diese einen neuen Song zu schreiben. In Anlehnung an einen seiner bekanntesten Stücke hat er es BACK TO BERLIN getauft und das freut nicht nur mich als Lokalpatrioten LOL. Dieses Lied ist sozusagen als Einleitung ganz nach vorn gestellt worden. Wenn man also beim letzten Lied auf CD 2 angekommen ist, schließt sich der Kreis (und man wird genötigt, die CDs nochmals durchzuhören- oh welch süße Pein:-).

Im beiliegenden Booklet läßt Watts persönlich seine musikalische Geschichte Revue passieren. Dekoriert wird das ganze dann noch mit etlichen Fotos.

Wenn also John Watts mir sagt: I am still cool enough. "Don't tell me I am not cool enough. Don't tell me I am not cool enough for you all of the time.", dann kann ich nur antworten, dass ich das nie wagen würde.

Die Musik von John Watts sollte sich kein Freund anspruchsvoller Rockmusik entgehen lassen- es gibt viel zu entdecken.